1G-light in Schweden – schwanger, aber nur ein bisschen
von Severin Padel
Seit September des Jahres gab es einen Gesetzentwurf zur Anwendung des Impfpasses im Lande (bisher gab es das nur für Auslandsreisen; für die Einreise nach Schweden gilt weiterhin die 3G-Regel). Ich habe die Diskussion in den verschiedenen Lagern und auch die Einlassungen der in der Sache relevanten Behörden und Organisationen aufmerksam verfolgt, und ehrlich gesagt, dass so wie am Donnerstag geschehen 1G-Maßnahmen zum 1. Dezember beschlossen wurde, kam für mich mehr als überraschend. Es ist durch die momentane Infektionslage nicht motiviert. Die 7-Tagesinzidenz lag in den letzten 100 Tagen bei durchschnittlich knapp 54 ohne Tendenz nach oben und die Anzahl der Intensivpatienten ist mit täglich durchschnittlich gut 3 (drei!) neuen Fällen im gleichen Zeitraum (und ähnlich stabiler Entwicklung) für ein Land mit mehr als 10 Millionen Einwohnern sehr überschaubar.
Sicherlich ist es bloß 1G-light, gewissermaßen nur ein bißchen schwanger. Einleitend wird die Beschränkung auf den Impfstatus unter Ignorierung des Genesenstatus oder eventueller negativer Tests, gar nicht thematisiert. Es wird eher wie eine „kundenfreundliche“ Vereinfachung kommuniziert. Der Impfpass wird eigentlich nur bei kulturellen, sportlichen und religiösen Veranstaltungen (Gottesdiensten) mit mehr als 100 Teilnehmern benötigt (sofern die Veranstalter nicht besondere Konzepte vorlegen, die gewisse Abstände garantieren). Nicht in der Gastronomie, nicht bei Privatfeiern, nicht im Bildungsbereich und natürlich auch nicht im Einzelhandel oder auf der Arbeit. Jedoch auch auf Märkten und Demonstrationen. Womit die eh schon spärlichen Demonstrationen gegen C-Maßnahmen endgültig verunmöglicht werden. Bei erhöhter Inzident kann der Anwendungsbereich ausgeweitet werden.
Das Schweden überhaupt so eine niedrige Inzidenz hat, liegt nicht nur daran, dass sehr wenig getestet wird (eigentlich nur bei bestimmten Berufsgruppen in der Alten- und Krankenpflege sowie bei Auslandsreisenden). Ein wichtiger Grund ist auch, dass die Wegweisung der Behörde für Volksgesundheit, dass der PCR-Test alleine ich mehr das Merkmal einer „Erkrankung“ ist, sondern den neuen Empfehlungen (und bewährten medizinischen Standards) entsprechen von einer Symptomatik aus Tests gemacht und bei positivem Ergebnis wiederholt werden müssen. Die Verfasserin dieser Handreichung, Karin Tegmark Wisell, wird ab Anfang nächsten Jahres die neue Chefin der Behörde. Das macht Mut.
Weniger Mut macht die ohnehin schon von Angst geprägte Stimmung und ein möglicher Regierungswechsel im nächsten Jahr, da die rechts-bürgerliche Opposition auf jeden Fall härtere Maßnahmen haben will – unabhängig von der Entwicklung des Infektions- und Erkrankungsgeschehens!
Es wurde hier also eine Tür geöffnet, (vorerst) nur einen kleinen Spalt weit, aber nun ist sie offen und es bleibt abzuwarten, welchem Druck nachgebend sie sich wie weit öffnen wird. So bleibt nur die Hoffnung, dass die Kräfte, die auf evidenzbasierte Entscheidungen setzen, letztendlich die Hoheit behalten werden. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…
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