Menschenskinder

von

Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Der Wunsch, Kinder zu haben, ist für immer weniger Menschen in
den reichen Ländern selbstverständlich – zu groß ist die Konkurrenz mit anderen Notwendigkeiten
des eigenen Lebensentwurfes, zu groß sind für viele auch die praktischen Probleme.
Neu ist das Einordnen von Kindern als Gefahrenquelle für das eigene Sein. Exemplarisch dafür war
jüngst die Betrachtung von Kindern als CO₂-Emittenten, womit eine Entscheidung gegen eigene
Kinder einer Entscheidung für den Umweltschutz gleichkommt. Kinderlosigkeit als Weg in die
Zukunft… Derartige Gedankengebäude sind nicht exklusiv deutsch, sie finden durchaus auch in eher
kinderfreundlichen Ländern wie Schweden zunehmend Anklang.
Auch die Betrachtung von Kindern als Corona-Risiko ist keinesfalls nur in Deutschland zu finden. Hier
geht es jedoch mehr um den Vergleich zwischen zwei ausgewählten Ländern – Deutschland und
Schweden. Beide Länder sind sehr gut vergleichbar. Sie haben in etwa das gleiche BSP pro
Einwohner, in etwa den gleichen Urbanisierungsgrad (auch wenn die schwedische
Bevölkerungsdichte nur einem Zehntel der deutschen entspricht, was aber an den epidemiologisch
irrelevanten unbewohnten Waldgebieten liegt), ähneln sich kulturell – und beide wissen erstaunlich
wenig voneinander.
Mit Covid-19 etablierte sich Anfang 2020 eine neue Infektionskrankheit. Initial war es gewiss
plausibel davon auszugehen, dass Kinder von ihr genauso betroffen sein könnten (sowohl hinsichtlich
der eigenen Erkrankung als auch des Ansteckens Anderer), wie jede andere Altersgruppe. Daher
waren Maßnahmen zur Eindämmung eines möglichen Risikos anfänglich durchaus vertretbar.
Es hat sich jedoch sehr schnell gezeigt, dass Kinder nicht (zumindest nicht mehr als ausnahmsweise)
ernsthaft an Covid-19 erkranken oder gar versterben. Auch war keine vermehrte Infizierung und
Erkrankung von pädagogischem Personal feststellbar.
Dennoch entschloss man sich in Deutschland, die weitgehenden Restriktionen hinsichtlich des
Alltages unseres Nachwuchses beizubehalten oder gar auszubauen. Präsenzunterricht mit Masken,
bei offenen Fenstern, mit Abstandsregeln usw., alternativ Schulschließungen mit improvisiertem
Fernunterricht; das Sperren von Spielplätzen, das Verfolgen von Rodlern und das Einstellen aller
Freizeitangebote – diese und andere Maßnahmen (regional und zeitlich in unterschiedlicher
Ausformung) prägen seit nunmehr einem Jahr den Alltag der Kinder in Deutschland. Über die
Auswirkungen wissen wir inzwischen Bescheid.
Schwedens Weg
In Schweden ging man einen anderen Weg: Der Präsenzunterricht ging 2020 für alle Grund- und
Vorschüler (also von null Jahren bis zu 9. Klasse) ohne die o.g. Maßnahmen weiter. Lediglich das
stetige Reinigen der Hände war für die Kinder ein neuer Teil des Alltags. Erst ab der 10. Klasse (in den
berufs- und studienvorbereitenden „Gymnasien“) gab es immer wieder mal Phasen des
Fernunterrichtes. Dennoch gab es auch für die Kinder weitere Einschränkungen. Die sportlichen und
kulturellen Freizeitangebote wurden runtergefahren bzw. ganz eingestellt. Einige Kommunen stellten
auch den Hortbetrieb ein. Seit Anfang 2021 unterrichten die Gymnasien wieder (überwiegend) aus
der Ferne. Viele Kommunen stellten auch den Unterricht der 8.- und 9.-Klässler auf Distanz um.
Auf einer Pressekonferenz der Regierung (und der zuständigen staatlichen Behörden) am 21. Januar
2021 wurde nun bekanntgegeben, dass die Gymnasien sukzessive wieder auf Normalbetrieb
zurückgehen sollen (immer unter Berücksichtigung der Infektionszahlen) [1]. Die staatliche

Gesundheitsbehörde (Folkhälsomyndigheten, FOHM) empfahl außerdem, „den Normalunterricht für
die Schüler der 8. Und 9.Klasse, dort, wo er auf Distanz umgestellt wurde, wieder in Normalbetrieb zu
überführen, da die Nachteile schwerer wiegen würden als die Vorteile“. [2] Außerdem sollen die
Einschränkungen der Freizeitangebote für die Kinder aufgehoben werden.[3]
Die FOHM machte in diesem Zusammenhang eine klare Aussage: „Körperliche Aktivität ist wichtig für
junge Menschen und von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit. Die Gewohnheiten, die
junge Menschen schaffen, spielen auf Dauer auch eine wichtige Rolle für ihre Gesundheit und sollten
am besten nur in Notfällen unterbrochen werden. Das schwedische Gesundheitsamt ist daher der
Ansicht, dass Kinder und Jugendliche (geboren 2005 und später) weiterhin in der Lage sein sollten, an
organisierten Sport- und Freizeitaktivitäten im Innen- und Außenbereich teilzunehmen, und hat die
Regierung gebeten, ihre diesbezügliche vorherige Empfehlung zu lockern.“ [3]
Resultate dieser Politik
1. Kinder haben nur ein extrem geringes Risiko an Covid-19 ernsthaft zu erkranken oder gar zu
versterben. [4]
2. Zum Thema Infizierung schreibt die FOHM: „Der heutige Wissensstand deutet darauf hin,
dass das
schulische Umfeld kein Risikoumfeld für Kinder und Jugendliche darstellt, sondern
dass die Ansteckungen eher in der Freizeit geschehen...“ [5]
3. Die im pädagogischen Bereich tätigen Berufsgruppen haben im Verhältnis zu
anderen kein
erhöhtes relatives Risiko
, positiv PCR-getestet zu werden. [6]
Das relative Risiko (Anzahl positiver Tests in Relation zur Gesamtgröße der Berufsgruppe;
95%-iges Konfidenzintervall) eines positiven PCR-Testes lag für Horterzieher und Lehrer
(Gymnasium) bei 0,7, für Kindergärtnern bei 0,8, Kinderpflegern und anderem
pädagogischen Personal bei 1,0 und für Grundschullehrer bei 1,1. Für die Summe aller
Berufsgruppen liegt es definitionsgemäß bei 1,0. [6]
Alle erforderlichen Maßnahmen und Empfehlungen werden
laufend seitens der Regierung und der
involvierten staatlichen Behörden (FOHM, Socialstyrelsen, MSB) sowie der Kommunen
evaluiert und
entsprechend der
Datenlage unter Abwägung der Nebenwirkungen aktualisiert.
Fazit
Für mich stellt sich aus der Ferne die Frage, weshalb deutsche Politiker und Behörden nicht auf die
schwedischen Erfahrungen zurückgreifen
, die statistisch sehr gut dokumentiert leicht über das
Internet abrufbar sind. Sie sind besser als jede Studie, eben weil sie die Realität ohne Umwege
abbilden und für jedermann nachvollziehbar sind. Mit Blick auf die
Gesundheit der Kinder und die
körperliche, intellektuelle und seelische Entwicklung
einer ganzen Generation, ist der Vergleich mit
Schweden hinsichtlich der Gestaltung eigenen Handelns ein äußerst empfehlenswert.

Quellenangaben (weitere Fakten und Links finden Sie auf meiner Website www.corona-schwede.de)
[1] https://fohm.se/nyheter-och-press/nyhetsarkiv/2021/januari/gradvis-atergangtillnarundervisning-pa-gymnasiet/
[2] https://www.svt.se/nyheter/inrikes/senaste-nytt-om-coronaviruset (21.Januar, 8.42 Uhr)
[3] https://fohm.se/nyheter-och-press/nyhetsarkiv/2021/januari/gradvis-atergangtillnarundervisning-pa-gymnasiet/
[4] https://experience.arcgis.com/experience/09f821667ce64bf7be6f9f87457ed9aa
[5] https://www.folkhalsomyndigheten.se/publicerat-material/publikationsarkiv/c/covid-19-
hosbarn-och-unga--en-kunskapssammanstallning-version-2/
[6] https://www.folkhalsomyndigheten.se/publicerat-material/publikationsarkiv/f/forekomstavcovid-19-i-olika-yrkesgrupp

 

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