Bevölkerungsdichte, Transportwege, Klima
Welche Rolle spielt bei Infektionen eigentlich die Bevölkerungsdichte? Sie beträgt in Schweden mit rund 20 Einwohnern/km² nur ein Zehntel der deutschen und liegt in der gleichen Klasse wir die der USA mit circa 30 Einwohnern/km².
Je mehr Menschen auf einem km² leben, desto höher ist jegliches Infektionsrisiko. Gibt uns die Bevölkerungsdichte, wie es der Name andeutet, eine klare Auskunft darüber, wie dicht die Menschen beieinander leben? Ja (lokal) und nein (landesweit). Entscheidend ist der Alltag der meisten Menschen. Infektionen geschehen zu Hause, auf der Arbeit, in der Schule, im Geschäft oder Restaurant usw. oder auf dem Weg dahin. Und da sagt uns die Bevölkerungsdichte nur auf lokaler Ebene was über die tatsächlichen Verhältnisse aus. Umgekehrt ist es entscheidend, welcher Anteil der Bevölkerung in dichtbesiedelten Gebieten lebt. In hochgradig urbanisierten Ländern spielt es dann keine Rolle, wieviel Wald, Wüste oder Meer zwischen Siedlungszentren liegen (denn genau da finden ja keine Infektionen statt), sehr wohl aber für die Bevölkerungsdichte eines Landes oder einer Region. Umgekehrt erhöhen die Abstände zwischen den Orten das Infektionsrisiko etwas, weil tendenziell mehr Zeit in Bus und Bahn verbracht wird.
Anteil der Bevölkerung / Bevölkerungsdichte |
Deutschland in % |
Schweden in % |
231 |
70,9 |
87,0 |
500 |
53,5 |
83,6 |
1.000 |
38,0 |
72,9 |
1.500 |
27,0 |
57,4 |
2.000 |
20,3 |
44,6 |
3.000 |
8,1 |
23,5 |
Man kann sich das am Alltag verdeutlichen. In Groß-Stockholm lebt ein Viertel der schwedischen Bevölkerung. Warum sollte da das Infektionsrisiko geringer sein als in Berlin oder Hamburg? 72% der Schweden leben in Ortschaften (Tätorter) mit mehr als 1.000/km² (in etwa die Bevölkerungsdichte von Ingolstadt oder Lübeck). das sind fast doppelt so viel wie in Deutschland!(1). Warum sollte da das Infektionsrisiko geringer sein als in deutschen Städten? Weil große Teile des Landes (Waldregionen im Norden und in der Mitte ) praktisch unbesiedelt sind? Das drückt die landesweite Bevölkerungsdichte, hindert aber kein Agens daran, sich in den besiedelten Gebieten auszubreiten. Und kein Bus, Supermarkt. Klassenzimmer, Büro, keine Sportarena, kein Café oder Restaurant usw. ist in Schweden zehnmal größer als in Deutschland, nur weil die landesweite Bevölkerungsdichte einem Zehntel der deutschen entspricht.
PS: 87% aller Schweden leben in geschlossenen Ortschaften (tätorter) auf 1,5% der Fläche des Landes.

Entscheidend ist also der Urbanisierungsgrad, also der Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung. Um Deutschland und Schweden vergleichen zu können, müssen wir also versuchen, vergleichbare Parameter zu definieren. In Deutschland leben 77,4 % der Bevölkerung in Städten und Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern, gelten also als Stadtbewohner. Wie angeführt wäre ein Vergleich mit schwedischen Kommunen nicht sinnvoll, weil die meisten Kommunen aus städtischen und ländlichen Gegenden bestehen. Hier muss als mit den schwedischen Tätorten verglichen werden, die ja geschlossenen Siedlungsräume darstellen. In Schweden leben etwas 7,4 der 10,3 Millionen Einwohnern in Ortschaften mit mehr als 5.000 Einwohnern (1). Der Urbanisierungsgrad liegt demnach in Schweden bei 71,8%, also nur geringfügig unter dem deutschen Wert.
Ähnlich sieht es aus, wenn man Großstädte miteinander vergleicht. In Schweden leben 33,2% der Einwohner in einer Ortschaft (Tätort) mit mehr al 100.000 Einwohnern. In Deutschland sind es 30,7%.
(2) http://www.statistikdatabasen.scb.se/pxweb/sv/ssd/START__MI__MI0810__MI0810A/LandarealTatortN/
Die meisten atemwegsrelatierten Infektionen breiten sich in geschlossenen Räumen besser aus als an der frischen Luft, da sie für die Übertragung einer gewissen Konzentration bedürfen und der Luftaustausch in begrenzten Räumen nun einmal begrenzt ist. Daher das höhere Ansteckungsrisiko in Transportmitteln des ÖPNV. Aber das gilt natürlich auch für alle anderen geschlossenen Räume. Je länger wir uns in diesen aufhalten, desto höher ist also das Infektionsrisiko. Je kürzer die „warme Jahreszeit“ ist, desto mehr halten wir uns in geschlossenen Räumen auf. Die Zeit, in der man sich gerne im Freien aufhält, ist in Schweden klimabedingt kürzer als in Deutschland.
